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Torus

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Torus

Ein Torus (Plural Tori; von lat. torus „Wulst“)[1] ist ein mathematisches Objekt aus der Geometrie und der Topologie. Er ist eine „wulstartig“ geformte Fläche mit einem „Loch“, hat also die Gestalt eines Rettungsrings, Reifens oder Donuts.

Spezielle Beispiele für im dreidimensionalen Raum eingebettete Tori sind die Rotationstori, die Beispiele für Rotationsflächen sind. Man erhält sie, indem man einen Kreis um eine Achse rotieren lässt, die in der Kreisebene liegt und den Kreis nicht schneidet. Es handelt sich also um die Menge der Punkte, die von einer Kreislinie mit Radius LaTeX: R den festen Abstand LaTeX: r mit LaTeX: r<R haben. Falls man nicht nur die Kreislinie, sondern die gesamte Kreisfläche rotieren lässt, erhält man einen Volltorus.

Man erhält den Torus durch Verkleben gegenüberliegender Seiten eines Parallelogramms.

Ein Torus kann auch durch Identifizieren der Seiten eines Parallelogramms konstruiert werden. Dabei wird die rechte Kante des Parallelogramms mit seiner linken Kante und die obere mit der unteren Kante verheftet. Diese Topologie benutzen auch viele Computerspiele: Verlässt ein Spielobjekt auf einer Seite das Spielfeld, so taucht es auf der gegenüberliegenden Seite wieder auf.

Beide Konstruktionen sind Spezialfälle der allgemeinen mathematischen Definition, die einen Torus als das topologische Produkt zweier Kreise definiert. Dieser Begriff spielt in zahlreichen Gebieten der Mathematik eine Rolle, neben Topologie und Differentialgeometrie ist er unter anderem in der Fourier-Analysis, der Theorie dynamischer Systeme („invariante Tori“ in der Himmelsmechanik), der Funktionentheorie und der Theorie elliptischer Kurven von Bedeutung.

Rotationstori liefern eine konkrete (rotationssymmetrische) Realisierung dieser Fläche im dreidimensionalen euklidischen Raum. Für viele Anwendungen in theoretischer Mathematik und Physik bedeutend ist eine andere Einbettung als flacher Torus in den vierdimensionalen Raum. Diese hat die Krümmung null und die maximal mögliche Symmetrie.

Der Torus ist eine zweidimensionale Fläche. Allgemeiner betrachtet man in der Mathematik auch den LaTeX: n-Torus, eine den zweidimensionalen Torus verallgemeinernde LaTeX: n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Davon abweichend finden sich in der deutschsprachigen Literatur gelegentlich auch die Bezeichnungen Doppeltorus, Tripeltorus etc. für Flächen mit zwei, drei und mehr Löchern.

Torus als Rotationsfläche

Ein Rotationstorus ist eine Rotationsfläche, die durch Rotation eines Kreises um eine in der Kreisebene liegende und den Kreis nicht schneidende Rotationsachse erzeugt wird.[2][3][4]

Ein Rotationstorus kann als Menge der Punkte beschrieben werden, die von einer Kreislinie mit Radius LaTeX: R den festen Abstand LaTeX: r haben, wobei LaTeX: r<R ist. In kartesischen Koordinaten LaTeX: x,y,z, mit der z-Achse als Rotationsachse und den Mittelpunkten des rotierenden Kreises in der x-y-Ebene wird er durch die Gleichung

LaTeX: \left(\sqrt{x^2+y^2}-R\right)^2+z^2 = r^2

beschrieben. Durch Beseitigen der Wurzel ergibt sich die Gleichung 4. Grades

LaTeX: \left(x^2+y^2+z^2 + R^2 - r^2\right)^2 = 4R^2\left(x^2+y^2\right).

Man kann in der Torusoberfläche eine toroidale Koordinate LaTeX: t und eine dazu senkrechte poloidale Koordinate LaTeX: p einführen. Man denkt sich den Torus als durch einen Kreis entstanden, der um eine in der Kreisebene liegende Achse rotiert wird. Den Radius des ursprünglichen Kreises nennen wir LaTeX: r, dieser Kreis bildet auch gleichzeitig eine Koordinatenlinie von LaTeX: p. Den Abstand des Kreismittelpunkts von der Achse nennen wir LaTeX: R, die Koordinatenlinien von LaTeX: t sind Kreise um die Drehachse. Beide Koordinaten sind Winkel und laufen von LaTeX: 0 bis LaTeX: 2\pi.

Torus 3d.png

Parametrisierung des Torus

Die Umrechnung von Toruskoordinaten in kartesische Koordinaten ist

LaTeX:  \begin{pmatrix} x \\ y \\ z \end{pmatrix} = R \cdot \begin{pmatrix} \cos(t) \\ \sin(t) \\ 0 \end{pmatrix} + r \cdot \begin{pmatrix} \cos(t) \cdot \cos(p) \\ \sin(t) \cdot \cos(p) \\ \sin(p) \end{pmatrix}=\begin{pmatrix} (R + r \cdot \cos(p)) \cos(t) \\ (R + r \cdot \cos(p)) \sin(t) \\ r \cdot \sin(p) \end{pmatrix}

Toruskoordinaten sind in der Kernfusionstechnologie von Bedeutung, siehe Kernfusionsreaktor#Magnetfeld.

Oberfläche des Torus

Die Oberfläche des Torus mit der obigen Parameterdarstellung ist

  • LaTeX: A_O= 4\pi^2 r R\ .

Diese Formel lässt sich entweder mit der ersten Guldinschen Regel herleiten oder mit Hilfe des Oberflächenintegrals

LaTeX: A_O = \iint \mathrm dA= \int_{t=0}^{2\pi} \int_{p=0}^{2\pi} r \cdot \ (R+r \cdot \cos(p)) \cdot \mathrm dp \cdot \mathrm dt

berechnen. Dabei ist LaTeX: \mathrm dA= r \cdot \ (R+r \cdot \cos(p)) \cdot \mathrm dp \cdot \mathrm dt das Oberflächenelement des Torus in der obigen Parameterdarstellung.

Der Torus berandet einen 3-dimensionalen Volltorus. Das Volumen des Volltorus beträgt LaTeX: V=2\pi^2r^2R.

Ebene Schnitte eines Torus

  1. Schnitte mit Ebenen, die die Rotationsachse enthalten, sind Kreispaare.
  2. Schnitte mit Ebenen, die zur Rotationsachse senkrecht sind, sind Kreispaare oder ein Kreis oder leer.
  3. Eine zur Rotationsachse parallele Ebene schneidet aus einem Torus eine spirische Kurve aus. In Sonderfällen kann dies eine Cassinische Kurve sein.
  4. Eine geneigte Ebene, die zwei Erzeugerkreise berührt, schneidet Villarceau-Kreise aus.

Tori in der Darstellenden Geometrie

In der Darstellenden Geometrie verwendet man Teile eines Torus zur Konstruktion von Übergangsflächen zwischen Zylindern. Die Darstellung eines Torus durch seinen Umriss findet man in Umrisskonstruktionen.

Allgemeine Definition eines Torus

Der 2-dimensionale Torus als Produkt zweier Kreise

Mit LaTeX: \mathbb{S}^1 werde der Kreis (die 1-Sphäre) bezeichnet. Der LaTeX: n-Torus ist dann definiert durch

LaTeX: \mathbb{T}^n := \underbrace{\mathbb{S}^1 \times \cdots \times \mathbb{S}^1}_{n\ \text{mal}},

wobei LaTeX: \times das Produkt topologischer Räume ist. Die im vorhergehenden Abschnitt beschriebene Rotationsfläche ist ein 2-Torus. Der 2-Torus wird meist einfach Torus genannt.[5]

Eigenschaften

Struktur einer Mannigfaltigkeit

Der LaTeX: n-Torus ist eine topologische Mannigfaltigkeit. Dies folgt aus der Tatsache, dass der LaTeX: n-Torus das topologische Produkt aus LaTeX: n 1-Sphären ist und die 1-Sphäre selbst eine topologische Mannigfaltigkeit ist. Die 1-Sphäre ist zusätzlich auch eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und, da das Produkt differenzierbarer Mannigfaltigkeiten wieder eine differenzierbare Mannigfaltigkeit ergibt, ist der LaTeX: n-Torus ebenfalls eine differenzierbare Mannigfaltigkeit.[6] Die Dimension von LaTeX: \mathbb{T}^n ist gleich LaTeX: n.

Topologische Eigenschaften

Ebenfalls direkt aus der Definition folgt, dass der LaTeX: n-Torus kompakt ist. Außerdem ist er wegzusammenhängend. Im Gegensatz zur LaTeX: n-Sphäre ist der LaTeX: n-Torus für LaTeX: n > 1 nicht einfach zusammenhängend.

Die Abbildung LaTeX: q \colon \R^n \to \mathbb{T}^n, definiert durch LaTeX: (x_j)_j := (\exp(2 \pi \mathrm{i} x_j))_j, ist die universelle Überlagerung des LaTeX: n-Torus.[7]

Lie-Gruppe

Die 1-Sphäre, aufgefasst als Kreisgruppe, ist außerdem eine Lie-Gruppe. Da das Produkt mehrerer Lie-Gruppen mit der komponentenweisen Multiplikation wieder eine Lie-Gruppe ist, ist auch der LaTeX: n-Torus eine Lie-Gruppe.[8]

Eingebettete Tori

Flache Tori

Da die Kreislinie LaTeX: \mathbb{S}^1 offensichtlich in den LaTeX: \R^2 eingebettet werden kann, kann der LaTeX: n-Torus LaTeX: \mathbb{T}^n := \mathbb{S}^1 \times \cdots \times \mathbb{S}^1 \subset \R^{2n} als Teilmenge des euklidischen Raums LaTeX: \R^{2n} aufgefasst werden. Man betrachtet auf LaTeX: \mathbb{T}^n die riemannsche Metrik LaTeX: g, die durch die euklidische Metrik des Raums LaTeX: \R^{2n} auf dem LaTeX: n-Torus induziert wird. Diese Metrik LaTeX: g ist flach, das heißt, der LaTeX: n-Torus ist lokal isometrisch zu einer Umgebung des LaTeX: \R^n.[9] Insbesondere ist daher seine Schnittkrümmung überall konstant null. Da der LaTeX: n-Torus kompakt und somit auch vollständig ist, ist er eine flache Mannigfaltigkeit. Man spricht daher auch von einem flachen n-Torus.

Es gibt neben der oben beschriebenen noch weitere flache Metriken auf dem Torus. Flache 2-Tori können beschrieben werden durch ein Parallelogramm, dessen gegenüberliegende Seiten zusammengeklebt werden. Äquivalent dazu können flache Tori als topologische Faktorgruppen LaTeX: \mathbb R^2/(\mathbb Z\cdot v+\mathbb Z\cdot w) für zwei linear unabhängige Vektoren LaTeX: v,w\in\mathbb R^2 beschrieben werden. Im Spezialfall LaTeX: v=(1,0) und LaTeX: w=(0,1) erhält man den Quotienten LaTeX: \mathbb R^2/\mathbb Z^2\cong(\mathbb R/\mathbb Z)^2.

Elliptische Kurven über den komplexen Zahlen lassen sich mittels der Weierstraßschen Parametrisierung als LaTeX: \C/L für ein Gitter LaTeX: L\subset \C darstellen und sind dadurch (mit einer translationsinvarianten Metrik) Beispiele für flache Tori. Der Modulraum der elliptischen Kurven oder äquivalent der flachen 2-Tori ist die sogenannte Modulkurve.

Flache Tori im 3-dimensionalen Raum

Eine 2-mal differenzierbare Einbettung des Torus in den 3-dimensionalen Raum kann nicht flach sein, weil die lokalen Extrema Punkte positiver Krümmung sein müssen. Nach dem Einbettungssatz von Nash gibt es jedoch „fraktale“ (nur 1-mal differenzierbare) Einbettungen des flachen Torus in den 3-dimensionalen Raum. Diese können auch numerisch konstruiert werden.[10][11]

Rotationstori im 3-dimensionalen Raum

Ein Rotationstorus ist ein im LaTeX: \R^3 eingebetteter 2-Torus, der als Menge der Punkte beschrieben werden kann, die von einer Kreislinie mit Radius LaTeX: R den festen Abstand LaTeX: r haben, wobei LaTeX: r<R ist.

Clifford-Tori

Ein Clifford-Torus ist ein spezieller in LaTeX: S^3\subset \R^4 eingebetter Torus. Nach der Identifizierung LaTeX: \R^4=\C^2 und LaTeX: S^3=\left\{(z,w)\in\C^2\colon |z|^2+|w|^2=1\right\} lässt sich der Standard-Cliffordtorus beschreiben als

LaTeX: T:=\left\{(z,w)\in\C^2\colon |z| = |w| =\frac{1}{\sqrt{2}}\right\}\subset S^3.

Weiterhin werden die Bilder von LaTeX: T unter Isometrien der Standard-Metrik LaTeX: A\in O(3)=\operatorname{Isom}(S^3) als Clifford-Tori bezeichnet.

Mittels stereographischer Projektion kann man Clifford-Tori auch als in den LaTeX: \R^3 eingebettete Tori auffassen.

Ein Clifford-Torus ist eine Minimalfläche bzgl. der Standard-Metrik auf der LaTeX: S^3. Die von Brendle bewiesene Lawson-Vermutung besagt, dass jeder als Minimalfläche in die LaTeX: S^3 eingebettete Torus ein Clifford-Torus ist.

Algebraischer Torus

In der Theorie algebraischer Gruppen wird der Begriff Torus in einem anderen Sinn verwendet. Man bezeichnet dort eine Gruppe, die isomorph zu einem endlichen Produkt von Kopien der multiplikativen Gruppe eines Körpers ist, als Torus. Zur Abgrenzung spricht man dann von einem algebraischen Torus im Gegensatz zu einem topologischen Torus.

So bezeichnet zum Beispiel in der torischen Geometrie, dem Studium torischer Varietäten, der Begriff Torus üblicherweise einen algebraischen Torus.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Marcel Berger: Geometry I. Translated from the 1977 French original by M. Cole and S. Levy. Universitext. Springer-Verlag, Berlin, 2009. ISBN 978-3-540-11658-5.
  • Anatole Katok, Vaughn Climenhaga: Lectures on surfaces. (Almost) everything you wanted to know about them. Student Mathematical Library, 46. American Mathematical Society, Providence, RI; Mathematics Advanced Study Semesters, University Park, PA, 2008. ISBN 978-0-8218-4679-7.

Weblinks

 Wiktionary: Torus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons-logo.png Commons: Torus - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hochspringen Es gibt noch eine Reihe weiterer heute nicht mehr gebräuchlicher historischer Verwendungen des Begriffs Torus: Herder 1854, Pierer 1857, Meyers 1905, Brockhaus 1911, Britannica 1911.
  2. Hochspringen Bronstein, Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik. Harri Deutsch Verlag (1983), ISBN 3871444928, S. 253.
  3. Hochspringen Ulrich Graf, Martin Barner: Darstellende Geometrie. Quelle & Meyer, Heidelberg 1961, ISBN 3-494-00488-9, S. 202, 209.
  4. Hochspringen C. Leopold: Geometrische Grundlagen der Architekturdarstellung. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-018489-X, S. 123, 129.
  5. Hochspringen John M. Lee: Introduction to Smooth Manifolds (= Graduate Texts in Mathematics 218.) Springer-Verlag, New York NY u. a. 2003, ISBN 0-387-95448-1, S. 8.
  6. Hochspringen John M. Lee: Introduction to Smooth Manifolds (= Graduate Texts in Mathematics 218.) Springer-Verlag, New York NY u. a. 2003, ISBN 0-387-95448-1, S. 21.
  7. Hochspringen Tammo tom Dieck: Topologie. de Gruyter, Berlin, 2000, ISBN 3-11-016236-9, S. 52.
  8. Hochspringen John M. Lee: Introduction to Smooth Manifolds (= Graduate Texts in Mathematics 218.) Springer-Verlag, New York NY u. a. 2003, ISBN 0-387-95448-1, S. 39.
  9. Hochspringen John M. Lee: Introduction to Smooth Manifolds (= Graduate Texts in Mathematics 218.) Springer-Verlag, New York NY u. a. 2003, ISBN 0-387-95448-1, S. 289.
  10. Hochspringen V. Borrelli, S. Jabrane, F. Lazarus, B. Thibert: Flat tori in three-dimensional space and convex integration. (Memento vom 1. Juli 2012 im Internet Archive). Proc. Natl. Acad. Sci. USA 109 (2012), no. 19, 7218–7223.
  11. Hochspringen Pressemitteilung des CNRS: Mathématiques: première image d’un tore plat en 3D. 20. April 2012.
  12. Hochspringen Oda: Lectures on Torus Embeddings and Applications. 1978, 1.1 Algebraic tori.
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