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Statistische Physik

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Die statistische Physik beschäftigt sich mit der Beschreibung von Naturphänomenen, an denen zwar eine große Anzahl an Teilsystemen (z. B. Teilchen) beteiligt ist, aber nur Aussagen über die Gesamtheit interessieren oder grundsätzlich nur eine unvollständige Information über das Detailverhalten der Teilsysteme vorhanden ist. Der Begriff wird heute oft synonym für die statistische Mechanik bzw. für die statistische Thermodynamik verwendet.

Bedeutung

Die statistische Physik ist eine fundamentale physikalische Theorie, deren mathematische Basis Sätze aus der Wahrscheinlichkeitstheorie und der asymptotischen Statistik, z. B. das Gesetz der großen Zahlen, sowie einige wenige physikalische Hypothesen bilden. Mit ihrer Hilfe werden u. a. Gesetze der Thermodynamik abgeleitet und begründet. Ein Teilgebiet stellt die statistische Mechanik dar.

Allgemeines

Statistische Zusammenhänge können überall dort formuliert werden, wo eine beobachtbare Größe eines Systems abhängig von den Eigenschaften seiner Subsysteme ist. Wahrscheinlichkeitsverteilungen kommen dadurch ins Spiel, dass Subsysteme in verschiedenen Zuständen vorliegen können, diese aber zu gleichen Werten der beobachteten Größen des Gesamtsystems führen. Es ist in dieser Situation meist nicht praktikabel oder gar unmöglich, die Eigenschaften aller Subsysteme im Detail zu ermitteln, um daraus auf den Wert einer interessierenden zu beobachtenden Größe zu schließen. Es stellt sich heraus, dass es meist auch gar nicht notwendig ist, Kenntnisse über alle Details aller Subsysteme zu besitzen, um praktikable Aussagen über das Gesamtverhalten des Systems machen zu können.

Beispielsweise sind in 1 Liter Wasser etwa LaTeX: 3{,}3\cdot 10^{25} Wassermoleküle enthalten. Um das Fließen von 1 Liter Wasser in einem Rohr zu beschreiben, wäre es unpraktikabel, die Wege aller 33 000 000 000 000 000 000 000 000 Wassermoleküle einzeln auf atomarer Ebene verfolgen zu wollen. Es reicht aus, das Verhalten des Systems im Großen nachzuvollziehen. Die statistische Physik stellt Begriffe und Methoden zur Verfügung, mit denen aus bekannten physikalischen Naturgesetzen über Teilsysteme (z. B. Teilchen) Aussagen über das System im Ganzen getroffen werden können.

Formulierung statistischer Naturgesetze für Systeme im Gleichgewicht

Bei der Formulierung statistischer Naturgesetze muss man zunächst das zu beschreibende System über Erhaltungsgrößen eingrenzen. Besitzt das System die Erhaltungsgröße E, dann wird postuliert, dass alle Zustände, die ohne Verletzung dieser Erhaltungsgröße erreichbar sind, gleich wahrscheinlich realisiert werden (Ergodizität). Als Nächstes ermittelt man über physikalische Modelle die Zahl der möglichen Zustände LaTeX: g in Abhängigkeit von dieser Erhaltungsgröße: LaTeX: g=g(E).

Bringt man zwei Systeme LaTeX: S_1 und LaTeX: S_2 in Wechselwirkung und ermöglicht den Austausch der Erhaltungsgrößen LaTeX: E_1 und LaTeX: E_2, so gilt für die Zahl der Zustände des Gesamtsystems LaTeX: S:

LaTeX: g=g_1\,g_2

Das Gesamtsystem hat eine wahrscheinlichste Verteilung bei der gilt:

LaTeX: 0=g'=\frac{d g_1}{dE_1}\,g_2+\frac{d g_2}{dE_2}\,g_1

Wegen der Erhaltungseigenschaft von E=E1+E2=konstant gilt -dE1=dE2 und

LaTeX: \frac{1}{g_1}\frac{d g_1}{dE}=\frac{1}{g_2}\frac{d g_2}{dE}

oder

LaTeX: \frac{d}{dE}\ln{g_1}=\frac{d}{dE}\ln{g_2}

Entropie

Die Größe LaTeX: s = \ln g wird als die Entropie des Systems bezeichnet. Sie ist, bis auf einen Vorfaktor (die Boltzmannkonstante LaTeX: k_B), identisch mit der thermodynamischen Entropie. Subsysteme LaTeX: s_i werden im Kontakt die Erhaltungsgröße LaTeX: E austauschen und dabei am häufigsten jene Zustände einnehmen, für die gilt

LaTeX: \frac{d s_1}{dE} = \frac{d s_2}{dE}

Zustände weit außerhalb dieses Gleichgewichtszustandes sind zwar möglich, aber für große Systeme so unwahrscheinlich, dass sie als praktisch unmöglich angesehen werden können. Mit dem Entropiebegriff kann so quantitativ unser empirisches Empfinden erklärt werden, dass Systeme in Kontakt einem neuen Gleichgewichtszustand zustreben und ihre Ausgangszustände nie wieder einnehmen. Entropieeffekte spielen beispielsweise beim Fluktuationstheorem eine große Rolle.

Temperatur

Betrachtet wird ein System aus zwei Subsystemen, bei dem ein System viel größer als das andere ist. Das große System LaTeX: S wird die Erhaltungsgröße LaTeX: E mit dem kleinen System LaTeX: s austauschen. Bei ausreichend deutlichem Größenunterschied kann der funktionale Zusammenhang LaTeX: S(E) des großen Systems als linear angenommen werden, da LaTeX: E nur in kleinen Mengen ausgetauscht wird. Die Ableitung von LaTeX: S(E) ist dann eine Konstante LaTeX: t.

LaTeX: \frac{dS}{dE} = t

Für kleine Differenzen LaTeX: dE ist das Verhältnis der Zahl benachbarter Zustände LaTeX: g von LaTeX: S(E) dann

LaTeX: \frac{g(E+dE)}{g(E)} = \frac{g(E) + \frac{\partial g}{\partial E} dE}{g(E)} = 1 + t dE

und für endliche Differenzen

LaTeX: \frac{g(E_2)}{g(E_1)} = \exp{(t (E_2 - E_1))}

Die Statistik des kleinen Systems wird also vom großen System derart beeinflusst, dass jeder Zustand des kleinen Systems mit einem Wahrscheinlichkeitsfaktor LaTeX: \approx \exp(-t E) korrigiert wird. Eine solche Statistik heißt kanonisches Ensemble. Das große System wird als statistisches Bad oder Reservoir bezeichnet. Über die absoluten Werte von LaTeX: g(E) des Reservoirs muss dabei keinerlei Wissen vorliegen.

Wird als konkrete Erhaltungsgröße die Energie betrachtet, so befindet sich das kleine System im thermischen Kontakt mit einem Wärmereservoir der thermodynamischen Temperatur LaTeX: T

LaTeX: T = \frac{1}{k_\mathrm{B} t}

Erweiterung auf mehr Erhaltungsgrößen

Tauscht ein kleines System zusätzlich Teilchen LaTeX: N mit einem Reservoir aus, so befindet sich das kleine System in diffusem Kontakt mit einem Teilchenreservoir. Wieder werden über das Teilchenreservoir keine Annahmen über die absoluten Zahlen LaTeX: g(N) gemacht; lediglich wird angenommen, dass für den kleinen Bereich, in dem das kleine System mit dem Reservoir Teilchen austauscht, gilt:

LaTeX: \frac{dS}{dN} = \text{konstant} = m.

Jeder Zustand im kleinen System tritt dann mit einer Häufigkeit LaTeX: \approx \exp(-m N) \exp(-t E) auf und das durch diese Verteilung beschriebene statistische Ensemble wird als großkanonisches Ensemble bezeichnet. Die Größe LaTeX: m entspricht bis auf den Faktor LaTeX: -t dem chemischen Potential des Teilchenreservoirs.

Siehe auch


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Statistische Physik aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.