AnthroWiki ist auf einen neuen Server umgezogen!
Unsere alten Seiten bleiben vorerst hier online, werden aber nicht mehr gepflegt! Das neue AnthroWiki finden Sie wie gewohnt unter anthrowiki.at.



gemeinsam neue Wege der Erkenntnis gehen
Eine freie Initiative von Menschen bei anthro.wiki, anthro.world und biodyn.wiki
mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ...
PayPal btn small.gif Wie Sie die Entwicklung von AnthroWiki durch Ihre Spende unterstützen können, erfahren Sie hier.

Carl Stumpf

Aus AnthroWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Carl Stumpf um 1900

Carl Stumpf (* 21. April 1848 in Wiesentheid; † 25. Dezember 1936 in Berlin) war ein deutscher Philosoph, Psychologe und Musikforscher. Er gründete 1894 das Psychologische Institut Berlin.

Leben und Leistungen

Erste musikalische Unterweisung erhielt er von seinem hochmusikalischen Vater, dem Landgerichtsrat Eugen Stumpf, die weitere musikalische Ausbildung erfolgte an den Gymnasien in Kitzingen, Bamberg und ab 1863 in Aschaffenburg, wobei er sechs Instrumente erlernte und als Autodidakt sich Kenntnisse in Harmonielehre und Kontrapunkt erwarb. Er studierte unter Franz Brentano und Rudolf Hermann Lotze. Stumpf hatte einen entscheidenden Einfluss auf Edmund Husserl, den Gründer der modernen Phänomenologie, Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka, die Mitbegründer der Gestaltpsychologie, sowie auf Kurt Lewin. Er ist auch bekannt auf Grund seiner Einführung des Begriffs „Sachverhalt“ in die Philosophie, der später vor allem durch Husserl verbreitet wurde.

Stumpf war einer der ersten Studenten Franz von Brentanos und blieb auch immer sehr nahe an seinen frühen Theorien. Er schrieb 1868 seine Dissertation unter Lotze an der Universität Göttingen und habilitierte sich ebenfalls dort 1870. Später interessierte er sich immer mehr für empirische Methoden in der experimentellen Psychologie und wurde ein Pionier dieser neuen Disziplin. Er unterrichtete in Göttingen, wurde dann Professor in Würzburg und später in Prag, Halle, München und schließlich in Berlin, wo seine Schüler Max Wertheimer, Kurt Koffka und Wolfgang Köhler die Berliner Schule der Gestalttheorie gründeten.

Ehrengrab, Parkfriedhof Berlin-Lichterfelde

In seiner Tonpsychologie sah Stumpf das Wesen der Konsonanz in der Verschmelzung. Nach einer Auseinandersetzung mit Hugo Riemann über Konsonanz und Dissonanz von Drei- und Mehrklängen revidierte er jedoch seinen Standpunkt und führte die Begriffe „Konkordanz“ und „Diskordanz“ ein. Zusammen mit seinem Schüler Erich Hornbostel begründete er 1900 in Berlin ein Phonogramm-Archiv, das zum Ausgangspunkt der Musikethnologie wurde.[1]

Zusammen mit seinem Studenten Oskar Pfungst löste er 1907 das Rätsel um den Klugen Hans und verhalf damit der experimentellen Psychologie zum Durchbruch. 1926 definierte er, auf Anstoß von Wolfgang Köhler, den Begriff Formant.[2]

Carl Stumpf promovierte Robert Musil, der am 31. Januar 1908 seine Dissertation zum Thema Beitrag zur Beurteilung der Lehren Machs eingereicht hatte.[3]

Stumpf wurde auf dem Parkfriedhof Lichterfelde in Berlin-Lichterfelde beigesetzt. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.

Schriften

  • Verhältnis des Platonischen Gottes zur Idee des Guten. Halle 1869.
  • Über den psychologischen Ursprung der Raumvorstellung. 1873.
  • Tonpsychologie. 2 Bände. 1883 bis 1890. (Hauptwerk)
  • Psychologie und Erkenntnistheorie. München 1891.
  • Tafeln zur Geschichte der Philosophie. Berlin 1896.
  • Die pseudo-aristotelischen Probleme der Musik. Berlin 1897.
  • Eröffnungsrede des Präsidenten, Prof. Dr. Carl Stumpf. In: Dritter Internationaler Congreß für Psychologie im München vom 4.-7. August 1896. Berlin 1897.
  • Der Entwicklungsgedanke in der gegenwärtigen Philosophie. Festrede, gehalten am Stiftungstage der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen, 2. Dezember 1899. Berlin 1899.
  • Der Entwicklungsgedanke in der gegenwärtigen Philosophie. Berlin 1900.
  • Tontabellen. In: Beiträge zur Akustik und Musikwissenschaft. Heft 3/1901, S. 139–146, Tafeln I-IX.
  • Zur Einteilung der Wissenschaften. Berlin 1906.
  • Erscheinungen und psychische Funktionen. In: Abhandlungen der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Abhandlungen. IV, 1906, S. 1–40. (2. Auflage. 1907)
  • Die Wiedergeburt der Philosophie. Berlin 1907.
  • Richtungen und Gegensätze in der heutigen Psychologie. In: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik. Beiträge der Münchner Allgemeinen Zeitung. 19. Oktober 1907, S. 903–914.
  • Vom ethischen Skeptizismus. Berlin 1908.
  • Das Berliner Phonogrammarchiv. In: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik. Beilage der Münchner Allgemeine Zeitung. 22. Februar 1908, S. 225–246.
  • Philosophische Reden und Vorträge. Leipzig 1910.
  • Das psychologische Institut. In: M. Lenz (Hrsg.): Geschichte der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. 3. Band, Halle, 1910, S. 202–207.
  • Konsonanz und Konkordanz. In: Vertreter deutscher Musikwissenschaft (Hrsg.): Festschrift zum 90. Geburtstage Rocchus Freiherrn von Liliencron. Leipzig 1910, S. 329–349.
  • Die Anfänge der Musik. Leipzig 1911
  • Zum Gedächtnis Lotzes. In: Kantstudien. XXII, Heft 1–2, 1917, S. 1–26.
  • Empfindung und Vorstellung. 1918.
  • Erinnerungen an Franz Brentano. In: O. Krause (Hrsg.): Franz Brentano. Zur Kenntnis seines Lebens und seiner Lehre. München 1919, S. 87–149.
  • Singen und Sprechen. In: Beiträge zur Akustik und Musikwissenschaft. Heft 9/1924, S. 38–74.
  • Phonetik und Ohrenheilkunde. In: Beiträge zur Anatomie. Physiologie, Pathologie und Therapie des Ohres, der Nase und des Halses. 22, 1925, S. 1–8.
  • Die Sprachlaute. Experimentell-phonetische Untersuchungen. Nebst einem Anhang über Instrumentalklänge. Berlin 1926.
  • Gefühl und Gefühlsempfindung. 1928.
  • William James nach seinen Briefen. Leben - Charakter - Lehre. Berlin 1928.
  • Carl Stumpf: Selbstdarstellung. In: Raymund Schmidt (Hrsg.): Die Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Band 5, Leipzig 1924.
  • Schriften zur Psychologie. neu herausgegeben und mit einer biographischen Einleitung versehen von Helga Sprung. Frankfurt am Main 1997.
  • Erkenntnislehre. Band 1, Leipzig 1939. (Reprint: 2011, Pabst Science Publishers, ISBN 978-3-89967-740-9)
  • Erkenntnislehre. Band 2, Leipzig 1940. (Reprint: 2011, Pabst Science Publishers, ISBN 978-3-89967-740-9)

Siehe auch

Literatur

  • Carl-Friedrich Geyer: Carl Stumpf In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 16, Bautz, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-079-4, Sp. 1480–1482.
  • Gerhard Oberkofler, Peter Goller: Franz Brentano. Briefe an Carl Stumpf 1867–1917. Graz 1989.
  • Helga Sprung: Carl Stumpf – Eine Biografie. Von der Philosophie zur Experimentellen Psychologie. Profil, München/ Wien 2006, ISBN 3-89019-600-4.
  • Silvia Bonacchi, Geert-Jan Boudewijnse: Carl Stumpf – From Philosophical Reflection to Interdisciplinary Scientific Investigation. Krammer, Wien 2011, ISBN 978-3-901811-57-9.

Weblinks

 Wikisource: Carl Stumpf – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1.  Riemann Musik Lexikon. Personenteil L-Z, B.Schott’s Söhne, Mainz 1961, S. 753.
  2. interscience.wiley.com
  3. Karl Corino: Robert Musil. Reinbek 1989, S. 142.


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Carl Stumpf aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.