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Universalien

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Universalien (lat. universalia, von universalis „allumfassend“) sind gemäß der mittelalterlichen Logik Allgemeinbegriffe bzw. allgemeine Ideen, unter denen die gemeinsamen Merkmale einer Menge materieller oder immaterieller Einzeldinge (Individuen) zusammengefasst werden. Universalien sind unveränderliche - ewige - reine Begriffe, jenseits von Raum, Zeit und Kausalität, ohne unmittelbaren Bezug auf eine sinnliche Wahrnehmung. Im Gegensatz dazu steht der Individualbegriff, der sich nur auf einen einzelnen konkret wahrnehmbaren Gegenstand, auf ein Einzelwesen, ein Individuum bezieht.

Bereits seit der Antike galt es als philosophisches Problem, ob den Universalbegriffen ein reales Sein zukommt oder ob sie bloße Bezeichnungen sind, was schließlich im Mittelalter zum sog. Universalienstreit führte.

Aus geisteswissenschaftlicher Sicht sind die Gruppenseelen als die wahre geistige Realität anzusehen, die sich hinter dem philosophischen Universalien-Begriff verbirgt.

Gemäßigter Realismus

Hauptartikel: Universalienstreit

Als Aristoteliker und ausgehend von den Kommentaren zu Aristoteles von Averroes und Avicenna vertraten in der Hochscholastik (13. Jahrhundert) Albertus Magnus und Thomas von Aquin einen gemäßigten Realismus. Das Allgemeine hat eine denkunabhängige Grundlage in den Einzeldingen; es existiert zwar nicht selbst, ist aber in den Dingen realisiert: „universalia autem non sunt res subsistentes, sed habent esse solum in singularibus“[1] („Das Allgemeine ist aber kein selbständiges Ding, sondern hat nur in den Einzeldingen Sein“[2]). Ohne die Realisierung im Einzelding ist das Allgemeine nur ein Gedanke. Thomas unterschied dabei

  1. Universalien, die sich in der göttlichen Vernunft bilden und vor den Einzeldingen existieren (universalia ante rem oder auch universala ante multiplicitatem),
  2. Universalien, die als Allgemeines in den Einzeldingen selbst existieren (universalia in re oder universala in multiplicitate),
  3. Universalien, die als Begriffe im Verstand des Menschen existieren, das heißt nach den Dingen (universalia post rem oder universala post multiplicitatem).

„Der Zentralgedanke des Mittelalters, gleichsam das unsichtbare Motto, das über ihm schwebt, lautet: universalia sunt realia; nur die Ideen sind wirklich. Der große „Universalienstreit“, der fast das ganze Mittelalter erfüllt, geht niemals um den eigentlichen Grundsatz, sondern nur um dessen Formulierungen. Es gab bekanntlich drei Richtungen, die einander in der Herrschaft ablösten. Der „extreme Realismus" behauptet: universalia sunt ante rem, das heißt: sie gehen den konkreten Dingen vorher, und zwar sowohl dem Range nach wie als Ursache; der „gemäßigte Realismus" erklärt: universalia sunt in re, das heißt: sie sind in den Dingen als deren wahres Wesen enthalten; der „Nominalismus" stellt den Grundsatz auf: universalia sunt post rem: sie sind aus den Dingen abgezogen, also bloße Verstandesschöpfungen, und er bedeutet daher in der Tat eine Auflösung des Realismus: seine Herrschaft gehört aber, wie wir später sehen werden, nicht mehr dem eigentlichen Mittelalter an.“

Egon Fridell: Kulturgeschichte der Neuzeit, Band 1, S. 77[1]

Die Bezeichnungen ante rem, in re und post rem (re, rem, von lat. res „Sache, Ding“) gelten auch unabhängig von Thomas Position als qualifizierende Bestimmungen von Begriffen. Der reine Begriff im Sinne der 'Philosophie der Freiheit' ist ante rem, das Erkenntnisergebnis, die Verbindung von Begriff und Wahrnehmung ist in rem, und der individualisierte Begriff, die Vorstellung im Sinne der Philosophie der Freiheit ist post rem.

Rudolf Steiners Versöhnung von Idealismus und Realismus

„Es geht nicht an, höhere Daseinsformen anzunehmen als die, welche der Ideenwelt zukommen. Nur weil der Mensch oft nicht imstande ist, zu begreifen, daß das Sein der Idee ein weit höheres, volleres ist als das der wahrgenommenen Wirklichkeit, sucht er noch eine weitere Realität. Er hält das Ideen-Sein für ein Chimärenhaftes, der Durchtränkung mit dem Realen Entbehrendes und ist damit nicht zufrieden. Er kann eben die Idee in ihrer Positivität nicht erfassen, er hat sie nur als Abstraktes; er ahnt ihre Fülle, ihre innere Vollendetheit und Gediegenheit nicht. Wir müssen aber an die Bildung die Anforderung stellen, daß sie sich hinaufarbeite bis zu jenem höheren Standpunkt, wo auch ein Sein, das nicht mit Augen gesehen, nicht mit Händen gegriffen, sondern mit der Vernunft erfaßt werden muß, als Reales angesehen wird. Wir haben also eigentlich einen Idealismus begründet, der Realismus zugleich ist. Unser Gedankengang ist: das Denken drängt nach Erklärung der Wirklichkeit aus der Idee. Es verbirgt dieses Drängen in die Frage: Was ist das Wesen der Wirklichkeit? Nach dem Inhalt dieses Wesens selbst fragen wir erst am Ende der Wissenschaft, wir machen es nicht wie der Realismus, der ein Reales voraussetzt, um daraus dann die Wirklichkeit abzuleiten. Wir unterscheiden uns von dem Realismus durch das volle Bewußtsein davon, daß wir ein Mittel, die Welt zu erklären, nur in der Idee haben. Auch der Realismus hat nur dieses Mittel, aber er weiß es nicht. Er leitet die Welt aus Ideen ab, aber er glaubt, er leite sie aus einer anderen Realität her. Leibnizens Monadenwelt ist nichts als eine Ideenwelt; aber Leibniz glaubt in ihr eine höhere Realität als eine ideelle zu besitzen. Alle Realisten machen den gleichen Fehler: sie sinnen Wesen aus und werden nicht gewahr, daß sie aus der Idee nicht herauskommen. Wir haben diesen Realismus abgewiesen, weil er sich über die Ideenwesenheit seines Weltgrundes täuscht; wir haben aber auch jenen falschen Idealismus abzuweisen, der da glaubt, weil wir über die Idee nicht hinauskommen, kommen wir über unser Bewußtsein nicht hinaus, und es seien alle uns gegebenen Vorstellungen und alle Welt nur subjektiver Schein, nur ein Traum, den unser Bewußtsein träumt (Fichte). Diese Idealisten begreifen wieder nicht, daß, obzwar wir über die Idee nicht hinauskommen, wir doch in der Idee das Objektive haben, das in sich selbst und nicht im Subjekt Gegründete. Sie bedenken nicht, daß, wenn wir auch nicht aus der Einheitlichkeit des Denkens hinauskommen, wir mit dem vernünftigen Denken mitten in die volle Objektivität hineinkommen. Die Realisten begreifen nicht, daß das Objektive Idee ist, die Idealisten nicht, daß die Idee objektiv ist.“ (Lit.:GA 1, S. 180ff)

Siehe auch

Literatur

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Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz
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Originalausgaben

Einzelnachweise

  1. Thomas von Aquin: Summa contra gentiles, I, 65, 3m
  2. Thomae Aquinatis Summae contra gentiles libri quattuor, Herausgegeben, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Karl Albert, Karl Allgaier, Leo Dümpelmann, Paulus Engelhardt, Leo Gerken und Markus H. Wörner, 4. Auflage, WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt 2013, ISBN 978-3-650-26074-1, S. 237
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